Ein verlängertes Wochenende in den Tropen

2017 singapore10k 14Im TSC wird ja bekanntlich nicht nur gesegelt, sondern gefeiert, gearbeitet, gebadet und ganz viel mehr. Und auch Sport gemacht, der nicht zwangsläufig auf oder im Wasser stattfinden muss. Voran das Jugendtraining mit Konditions- und Spiel- und Krafttraining, aus dem sich im Laufe der Zeit auch eine Gruppe „älterer Jugendlicher“ zum gemeinsamen Sport gefunden hat. Im Winter im Kraftraum, im Sommer im TSC, aber immer mit längeren oder kürzeren Läufen verbunden. Und daraus ist im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Teilnahmen an offiziellen Laufveranstaltungen bis zur Halbmarathondistanz erwachsen, natürlich immer für den TSC in standesgemäßer Vereinskleidung.

Aus dieser Gruppe hat es im letzten Sommer Anja im Anschluss an ihr Studium zu einem längeren Praktikums- bzw. Arbeitsaufenthalt nach Singapur geführt. Zuerst war es nur eine spaßhafte Äußerung: „Da kommen wir Dich mal besuchen“. Dann haben wir festgestellt, dass am 1. Advent auch noch eine große Laufveranstaltung in Singapur stattfindet, das wäre dann ja sogar neben dem Besuch noch sportlich interessant. Und hinzu kamen dann günstige Flüge, offener Resturlaub und die Aussicht auf tropische Wärme nach dem verkorksten Berliner Sommer und dem zu erwartenden nasskalten Dezember, so dass es nur noch ein wenig Überredungskunst von Anja bedurfte, bis wir dann zu dritt (Flo, Frank und Nicki) die Flüge und ein Hotel gebucht haben. Anja hat sich um die Anmeldung beim Standard Chartered Singapore Marathon für die 10 km-Strecke gekümmert und gleichzeitig ihr Training intensiviert, was, wie sie uns versichert hat, wegen des Klimas nicht ganz einfach zu sein schien. Da haben wir noch Witze gemacht und an Training in der Sauna gedacht, mussten aber weiter im kalten Herbstwetter laufen.

Wegen der Urlaubs- und Terminplanung haben wir uns für ein verlängertes Wochenende, insgesamt 6 Tage, davon 5,5 Tage in Singapur entschieden. Das ist natürlich bei einer Flugdauer von ca. 13 Stunden und Reisedauer von 16-17 Stunden knapp, aber besser so als gar nicht! Und durch zwei Nachtflüge auch erträglich. So saßen wir dann am Mittwoch, den 29. November abends im Flugzeug und haben es da dann eigentlich zum ersten Mal richtig geglaubt, dass es wirklich losgeht. Über London als Zwischenstopp und mit 7 Stunden Zeitverschiebung waren wir dann am Donnerstagnachmittag in Singapur, wo uns zum ersten Mal auch wirklich klar wurde, dass ein 10 km-Lauf in der heißen und feuchten Luft das Maximum ist, was man als zwar trainierter aber nicht akklimatisierter Winter-Europäer machen sollte. Es ist einfach immer heiß: Nachts 26-28°C und tagsüber bis 35° im Schatten, das ganze bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit und tropischen Regengüssen.

So war es ganz gut, dass wir den ganzen Freitag und Sonntag zum Sightseeing und Gewöhnung an die Temperaturen nutzen konnten und der Lauf erst am Sonntag war. Mit Anja, die sich für uns den Montag und Freitag ebenfalls Urlaub genommen hatte, hatten wir die beste Reiseleitung, die wir uns wünschen konnten. So war am Freitag und Samstag neben dem Besuch der Laufmesse mit Startnummerausgabe das volle Touristenprogramm vor allem zu Fuß durch Singapur angesagt: Chinatown, Little India, das Arabische Viertel, das Finanzviertel und die Gegend um die Marina Bay und natürlich das Wahrzeichen von Singapur: Der Merlion, eine Sagengestalt aus Löwe und Fisch. Und zwischendrin immer ausgezeichnetes asiatisches Essen, von der Chili-Krabbe (Singapurer Spezialität) bis zu lecker gefüllten Teigtaschen (Dumplings). Bei der unglaublichen Hitze hatten wir dann allerdings doch etwas Respekt vor dem kommenden Lauf bekommen und daher am Freitagabend einen kleinen und langsamen 7 km-Trainingslauf gemacht. Am Samstagabend gabs dann nach dem Pool in Anjas Wohnanlage selbstgekochte Pasta und einen relativ frühen „Feierabend“, weil es am nächsten Tag früh los gehen sollte.

Wegen der hohen Temperaturen läuft es sich in den Tropen am besten früh morgens, dementsprechend wurde der Marathon morgens (oder eher nachts!) um 04:30 Uhr gestartet, der Halbmarathon etwas später und die 10 km zum Sonnenaufgang um 07:15 Uhr. Also 06:15 Uhr treffen und um halb 6 aufstehen. Da war es mit sicherlich noch etwas Jetlag und zusätzlicher Aufregung entsprechend nicht ganz einfach, vorher genug Schlaf zu finden. Das Frühstück aus Tee, Müsliriegel und Bananen fiel etwas kleiner aus als geplant, weil unglücklicherweise auch noch ein Teil der Bananen im Hotelkühlschrank steinhart gefroren war, aber egal! Um kurz nach 6 machten wir uns also im Dunkeln zu viert auf zum Start, ca. 2 km zu Fuß. Und es waren da bereits 28°C und 90% Luftfeuchtigkeit, dicke Gewitterwolken am Horizont, also vermutlich als einziges Glück wenig Sonne zum Lauf. Nach einer halben Stunde lockerem Spaziergang waren wir dann völlig durchgeschwitzt am Start, das letzte Mal trinken und den richtigen Platz in der Startaufstellung suchen. Wir hatten uns nach grob erwarteter Laufzeit in den entsprechenden Startblöcken des 12.000 Teilnehmer-Feldes angemeldet. Als es losging, waren wir irgendwie alles andere als fit. Nicht mehr müde, aber der Schweiß rann schon vorher in Strömen, der Fuß tat weh, der Magen rumorte komisch, was dann so alles kurz vorher auch passiert... Als es endlich los ging (Frank weit vorne aufgestellt, Flo & Nicki im 1. Drittel, Anja ungefähr in der Mitte) war spätestens klar: Das wird hart! Erstens voll, zweitens konnte man kaum so viel trinken wie schwitzen und drittens waren nahezu alle anderen Läufer noch langsamer als wir, was das Ganze zu einer einzigen Schlangenlinie machte. Aber eine unvergleichlich beeindruckende Strecke mit grandioser Kulisse. Zuerst durch die Hochhäuser des Finanzviertels, vorbei am Marina Bay Sands-Hotel und durch die Ausläufer des Gardens by the Bay, über die Hafenbrücke und Teile der Formel-1-Rennstrecke zurück in den Start und Zielbereich. Für Flo und mich kam auf den letzten 2 km und direkt auf der Start- und Zielgerade des Formel-1-Kurses die Sonne schon recht ungünstig, Anja, die weiter hinten gestartet war musste dann leider schon ab der Brücke über die Einfahrt in die Marina Bay bei km 5 in der knalligen Sonne laufen. Aber wir haben es alle geschafft, wenn es auch sicherlich einer der härtesten Läufe war, die wir je gemacht haben. Im Ziel gab es dann Getränke und kalte Handtücher aus dem eisgefüllten Kinderplanschbecken, dazu Obst und trotz der Masse und des gleichzeitigen Zieleinlaufs von Marathon, Halbmarathon und 10 km (insgesamt ca. 50.000 Läufer) haben wir uns alle wieder gefunden. Außer bei Frank mit 47 min (größter Respekt!) sprechen wir mal nicht über die Zeiten, alles im Bereich sehr langsamer Trainingsläufe zu Hause, aber auf Schnelligkeit kam es auch nicht an! Der Blick auf die Wetter-App nach dem Lauf zeigte: 28 Grad, bei 90% Luftfeuchtigkeit allerdings gefühlt wie 34 Grad. Vor dem Hintergrund kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen: Frank mit Platz 160 von 12.000, Flo und Nicki mit den Plätzen 831/832 und Anja mit Platz 3.324 (noch fast im 1. Viertel).

Der Vormittag des Sonntags war dann mit Abkühlen im Pool, Schlaf nachholen und Flüssigkeit nachtanken ziemlich ruhig, so dass wir uns erst zum Mittagessen wieder nach draußen begeben haben. Abends dann noch mal die extrem leckeren Dumplings und der Besuch der Weihnachtsshow in den Gardens by the Bay, immerhin mit Weihnachtsmusik, Weihnachtsmarkt und künstlichem Schneegestöber bei weiterhin über 30 Grad. Zum Abschluss am letzten Abend haben wir uns noch einen Drink in der höchsten Brauerei der Welt gegönnt: Im Level33, im 33. Stockwerk eines der Wolkenkratzer des Finanzzentrums, schmeckt das Bier dank des wunderschönen Blicks über die Marina Bay besonders gut.

Montag war dann der letzte Tag, an dem wir uns die Gardens by the Bay nochmal im Hellen angucken konnten, inkl. eines riesigen Regenwald-Gewächshauses und einer beeindruckenden Vielfalt von Orchideen und anderen Pflanzen. Nachmittags dann nochmal der Pool, das letzten Packen und Verabschieden von Anja, bevor es dann um 23 Uhr wieder in den Flieger Richtung London ging.

Im Ganzen können wir sagen: Singapur hat uns alle beeindruckt! Eine unglaublich schöne und saubere Stadt. Modern aber auch traditionell und durch die vielen verschiedenen Kulturen und Religionen beeindruckend (auch der Weihnachtsschmuck in tropischer Umgebung). Und gutes Essen, eine perfekte Reiseleitung (danke Anja!) und außerdem eine unvergessliche Sportveranstaltung. Eigentlich war die Zeit etwas zu kurz, aber andererseits hatten wir knapp 5 so gefüllte und abwechslungsreiche Tage, dass es uns eher länger vorkam. Und auch wenn nur kurz, die Wärme hat doch ein bisschen geholfen, uns über den Winter in Berlin zu helfen!

Nicolas Warzecha